Fazit und Projektbewertung
Eignung der im Projekt als Gründertiere eingesetzten Nerze
Die für die Auswilderung zur Verfügung stehenden, aus der Erhaltungszucht stammenden Europäischen Nerze sind als Gründertiere für die Wiederansiedlung am Steinhuder Meer zweifelsfrei geeignet, wie die Überlebensraten und das Ansiedlungsverhalten zeigen. Die Tiere kommen im Gebiet sehr gut zurecht und überstehen nachweislich auch harte Winter.
Sichtbeobachten von unter dem Eis jagenden Nerzen machen deutlich, dass die Tiere auch in kalten Wintern Nahrungsressourcen wie Kleinfische, Amphibien (v. a. Teichfrösche und Krebse) effektiv erschließen können.
Auch die verfügbaren Lebensräume mit ihrer Ausstattung in Form von Versteckplätzen, Nahrungsangebot etc. sind für Nerze qualitativ sehr geeignet. Hierauf weisen die offenkundige Selbständigkeit der Tiere (nach der Ansiedlung angebotenes Futter wird z. B. sehr schnell unregelmäßig bis gar nicht genutzt), die Etablierung von Aktionsräumen, der mehrfach belegte, langfristige Verbleib der Nerze im Projektgebiet und die erfolgreiche Reproduktion hin.
Fortpflanzung der Tiere im Projektgebiet
Eine Reproduktion im Freiland ist seit 2011 möglich. Eine 2010 trächtig in Freiheit entlassene Fähe („Betti“) zog zuvor wahrscheinlich ebenfalls – wie aus ihrer Raumnutzung zu schließen war – erfolgreich ihre Jungtiere auf.
Die hohe Überlebensrate und der Nachweis einer Fähe zwei Jahre nach Freilassung lassen Reproduk-tionen in den Folgejahren stark vermuten.
2015 gelangen schließlich die ersten Aufnahmen von in Freiheit gezeugten und geborenen vier Jungtie-ren. Fotofallenaufnahmen zeigten weiter, dass mindestens zwei Jungtiere die Selbständigkeit erreichten.
Es ist zu berücksichtigen, dass Freilandreproduktionen dann stattfinden, wenn die Telemetriesender ihre Lebensdauer überschritten haben. Hier sind technische Grenzen gesetzt, die durch verstärkte Transponderablesungen in Zukunft kompensiert werden sollen. Es ist davon auszugehen, dass sich die Nerze im Gebiet an verschiedene Stellen und jährlich reproduzieren.
Lebensraumverfügbarkeit
In den nächsten Jahren werden zunehmend sich in Abtorfung befindende Flächen aus der Nutzung herausgenommen und sukzessive renaturiert. Es entstehen dort neue Wasserflächen und Versteck-möglichkeiten (Wurzelstubbenhaufen). Insofern sind deutlich positive Änderungen hinsichtlich der Flä-chenverfügbarkeit zu erwarten.
Prädatoren
Die Europäischen Nerze werden nach Freilassung erstmals mit Prädatoren konfrontiert und zweifellos sind z. B. Rotfüchse ernstzunehmende und häufige Prädatoren. In einem Fall konnte Feindvermeidungsverhalten und Warnen gegenüber einem Fischotter direkt nach Freilassung beobachtet werden. Die 2015 erfolgreich reproduzierende Fähe Sissi nutzte ein Revier, in dem regelmäßig Füchse von Fo-tofallen aufgenommen wurden. Eine Koexistenz zwischen Nerzen und Prädatoren ist sicherlich Abhän-gig von dem Verhalten der Nerze, der Anzahl von Versteck- und Fluchtmöglichkeiten und ggf. der Nah-rungstierpräsenz, die im Idealfall lange Jagdwege unnötig macht.
Fachkollegen aus Spanien und Estland waren bei einer Inaugenscheinnahme des Ansiedlungsgebietes von der Nahrungsverfügbarkeit, nicht zuletzt bedingt durch die Anlage zahlreicher Kleingewässer, und der Reichhaltigkeit an Versteckmöglichkeiten als Schutz bzw. Rückzugsmöglichkeiten vor Prädatoren positiv überrascht.